nt-grundtext

.de

Arbeitsbereich Handschriften-Kollationen


Ein wesentlicher Arbeitsbereich umfasst die Feststellung des Wortlauts von NT-Handschriften und ihren Vergleich. Solche “Kollationen” von Handschriften sind notwendig, um die für Textkonstitution und Apparataufbau notwendigen Informationen zu gewinnen und müssen in verschiedenen Zusammenhängen durchgeführt werden:


   Wortlaut der Textformen


Als Voraussetzung für die Durchführung der Textentscheidungen bei der Textkonstitution müssen alle Textstellen ermittelt werden, an denen die Überlieferung so gespalten ist, dass Textentscheidungen zwischen mehreren Varianten notwendig sind. Zu diesem Zweck muss der genaue Wortlaut der grundlegenden Textformen (vor allem der byzantinischen und der alexandrinischen) festgestellt werden, und zwar auf Basis der Handschriften, unabhängig von bisherigen gedruckten Ausgaben. (In Erste Analysen wurden alle Stellen kollationiert, an denen NA, RP und TR differieren; dies ergab schon die meisten der gesuchten Stellen, da NA dem alexandrinischen und RP dem byzantinischen Wortlaut nahesteht; es kann jedoch nicht vorausgesetzt werden, dass diese Druckausgaben 100%-ig mit diesen Textformen übereinstimmen; eine von bisherigen Publikationen unabhängige Ermittlung ist daher für genaue Ergebnisse unerlässlich). Daher sollen Vollkollationen ausgewählter Handschriften über den gesamten NT-Text hinweg durchgeführt werden. Entsprechende Kollationen von Zeugen des byzantinischen Typs habe ich teilweise schon durchgeführt, mit dem Ziel, den Wortlaut des Mehrheitstextes genauer zu erschließen.


   Apparatzeugen an fraglichen Stellen


An den klärungsbedürftigen Stellen (also wo Textformen differieren, s.o.) muss dann der jeweilige Überlieferungsbefund ermittelt werden, indem an diesen Stellen eine größere Anzahl von repräsentativen Handschriften kollationiert wird, um ihre jeweiligen Lesarten zu ermitteln. Diese Informationen dienen als Basis sowohl für die Textentscheidungen als auch für den Aufbau des Apparats. Die Auswahl der im Apparat zu verzeichnenden (und daher zu kollationierenden) Einzel-Handschriften ist ein Arbeitsschritt für sich: Es sollen (auch im Hinblick auf die erwähnten Kriterien der Textkonstitution) Handschriften unterschiedlichen Texttyps und Alters berücksichtigt werden, um das gesamte Spektrum der Überlieferung anhand von geeigneten Zeugen widerzuspiegeln (s. Apparat der Grundtextausgabe). In Erste Analysen habe ich bereits an zahlreichen Stellen einige dieser Handschriften unterschiedlichen Typs und Alters kollationiert. Für Auswahl und Einordnung dieser Handschriften benutze ich Informationen in den Publikationen von “Text und Textwert der griechischen Handschriften des Neuen Testaments.”


   Hohe Anzahl von Handschriften an pm (permulti)-Stellen


An bestimmten Stellen bietet die Überlieferung keinen einheitlichen Mehrheitstext, sondern die Masse der (byzantinischen) Handschriften verteilt sich auf zwei oder drei Varianten. An diesen Stellen muss eine größere Anzahl an Handschriften kollationiert werden, um im Apparat geeignete Angaben über die Mehrheitsverhältnisse machen zu können (s. Mehrheitstext an pm-Stellen).


   Lektionarshandschriften


Die Kollation von Lektionaren ist notwendig, um die jeweilige Lesart des Lektionarstextes im Apparat angeben zu können. Diese Kollationen befinden sich noch in der Planungsphase, sind aber wichtig, da es noch keine zuverlässige Ausgabe des Lektionarstextes gibt.


   Apokalypsehandschriften


Außerdem wurden Teststellenkollationen für den Apokalypsetext durchgeführt, um alle griechischen Handschriften der Offenbarung zu gruppieren und zu bewerten. Diese umfassende Arbeit wurde in den letzten Jahren in Kooperation mit dem Institut für Septuaginta- und biblische Textforschung durchgeführt und die Ergebnisse in einer entsprechenden Publikation zusammengefasst.


   Notwendigkeit direkter Kollationen


Die hier beschriebenen Untersuchungen der Handschriften können nicht durch Benutzung z.B. des NA-Apparates überflüssig gemacht oder ersetzt werden, da dieser Apparat nicht alle für diese Zwecke relevanten Textstellen und Zeugen abdeckt. Die neue Editio Critica Maior ist zwar umfangreicher, ist aber in absehbarer Zeit noch nicht fertiggestellt, und die alte ECM von Tischendorf ist in manchen Aspekten überholt. Außerdem können Apparate Fehler enthalten, so dass es nicht ratsam ist, die Angaben für eine andere Publikation zu übernehmen. Daher ist die direkte Einsicht in die Handschriften bzw. deren Reproduktionen (Mikrofilme oder Fotos) unumgänglich.